Was ist Gesundheitskompetenz?

Gesundheitskompetenz, auch Health Literacy, ist die Fähigkeit von Menschen, relevante Gesundheitsinformationen in unterschiedlicher Form zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden. Dies ist nötig, um in der Gesundheitsförderung oder Krankheitsbewältigung gute Entscheidungen treffen zu können, um die Lebensqualität im gesamten Lebensverlauf zu erhalten oder zu verbessern und gesund zu bleiben.

Durch den demografischen Wandel wird die Bevölkerung immer älter und der Fachkräftemangel in den Pflege- und Therapieberufen ist schon jetzt signifikant. Deshalb ist es ein gesellschaftlich relevantes Thema, gesund alt zu werden und eine Pflegebedürftigkeit möglichst zu vermeiden. Dafür müssen wir Gesundheitskompetenzen erwerben, denn wir können unser eigenes Gesundheitspotenzial nur dann entfalten, wenn wir auf die Faktoren, die unsere Gesundheit beeinflussen, auch Einfluss nehmen können. Gesundheitskompetenz ist demnach eine Voraussetzung und wesentliche Schlüsselkompetenz dafür, dass Gesundheitsförderung erfolgreich sein kann und dass sich Menschen gesundheitsförderlich verhalten und auch für ihr eigenes Wohlbefinden verantwortlich fühlen. Nicht alle Umstände und Krankheiten kann man verhindern, aber Lebensstil ist veränderbar und der hat einen großen Einfluss auf die Gesundheit. Die großen Bereiche, die man direkt beeinflussen kann, sind Bewegung, Ernährung, Stressmanagement, Schlaf, soziale Kontakte, Suchtmittelkonsum (Rauchen, Alkohol). Und diese Faktoren sind direkt mit Gesundheit verknüpft.

Wovon ist Gesundheitskompetenz abhängig?

Kompetenzen sind nicht angeboren, sondern individuelle Fähigkeiten, die jeder erwerben kann. Der „Health Literacy Survey Germany 2“ ist eine Erhebung von Forschern (Schaeffer et al., 2021) zur Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung von 2019 und 2020. Ein Vergleich zur ersten Untersuchung, sieben Jahre zuvor, zeigt, dass sich die Gesundheitskompetenz innerhalb der Bevölkerung nicht nur verschlechtert hat, sondern dass sie auch ungleich verteilt ist. Je niedriger der Sozialstatus und das Bildungsniveau und je höher das Alter, verbunden mit chronischen Krankheiten, desto geringer ist die Gesundheitskompetenz ausgeprägt. Betrachtet man bei der Auswertung nur die Frauen, zeigt sich, dass in den Altersgruppen 30-44 Jahre und 45-64 Jahre die Gesundheitskompetenz deutlich vom sozioökonomischen Status abhängig ist. Von den vier Schritten der Gesundheitskompetenz, fiel den befragten Frauen das Beurteilen von Gesundheitsinformationen am schwersten (67,1%). Im Bereich der Gesundheitsförderung war es für 60,3% der Frauen ein Problem gewesen, überhaupt Informationen zu finden. Auch die digitale Gesundheitskompetenz war bei 68,4% der Frauen niedrig, ebenso wie bei 76,7% der Frauen die Fähigkeit, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden (navigationale Gesundheitskompetenz). Dies sind aber wichtige Kompetenzen, um eigene gute Entscheidungen bezüglich der eigenen Gesundheit zu treffen und möglichst auch anzuwenden.

Die vier Faktoren von Gesundheitskompetenz

Finden, verstehen, bewerten und anwenden

Menschen mit hoher Gesundheitskompetenz sind in der Lage, vertrauenswürdige Gesundheitsinformationen zu finden, wofür auch die Lesekompetenz vorhanden sein muss. Dies ist für Menschen, die einen eher niedrigen Bildungsgrad oder Schwierigkeiten mit der Sprache haben (z.B. Migrationshintergrund) eher schwierig. Da heutzutage das Internet die Hauptquelle für die Informationssuche ist, ist es von großer Bedeutung, überhaupt verlässliche Quellen identifizieren zu können. Oft sind widersprüchliche Aussagen verwirrend oder Beiträge entsprechen nicht aktuellen Erkenntnissen oder sind schlichtweg falsch. Menschen, die überhaupt keinen Zugriff auf das Internet haben (z.B. ältere Menschen) oder bewusst kein Internet benutzen, sind wiederum auf andere Informationsquellen (z.B. Ärztinnen und Ärzten, Therapeut:innen, Radio, TV, Bücher) angewiesen.

Gesundheitskompetenz umfasst auch das Verständnis der gefundenen Informationen. Medizinische Fachbegriffe und komplexe Zusammenhänge, Diagnosen und Therapievorschläge muss man verstehen können, um zu einer informierten Entscheidung zu kommen. Dann kann man Vorteile und Risiken einer medizinischen Behandlung oder auch des eigenen Lebensstils besser abwägen und sich bewusst entscheiden, etwas zu tun oder zu lassen.

Aber selbst wenn man alle Informationen gefunden, verstanden und bewertet hat, heißt es nicht, dass dies selbstverständlich zur Anwendung führt.

Die Anwendung von Gesundheitsinformationen im Alltag ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Gesundheitskompetenz. Personen mit hoher Gesundheitskompetenz können die gefundenen Informationen in die Praxis umsetzen, um ihre Gesundheit zu fördern und zu erhalten, indem sie präventive Maßnahmen wie körperliche Aktivität, gesunde Ernährung, Umgang mit Stress in ihren Lebensstil integrieren.

Menschen mit höherem Bildungsgrad nehmen eher Präventionsangebote zu den Themen Bewegung, Ernährung und Stressmanagement in Anspruch. Deshalb ist es im Rahmen der Kompetenzförderung notwendig, alle Menschen in ihren Lebenswelten zu erreichen.

Förderung von Gesundheitskompetenzen

Es ist notwendig, Gesundheitsinformationen auch in einfacher Sprache zur Verfügung zu stellen. Gesundheitsvorträge zu verschiedenen Themen, kann man vor Ort (Kindergarten, Schule, Uni, Pflege-/Senioreneinrichtung, Nachbarschaftsheimen) anbieten. Fachspezifische Flyer zu Gesundheitsthemen können bei Fachärzten ausliegen. Eine Zusammenfassung von Websites und Organisationen, wo man wissenschaftlich fundierte und vertrauenswürdige Informationenen findet, kann in öffentlichen Räumen ausliegen. Auch Hinweise und Adressen zu Selbsthilfegruppen sollte man dort finden. Bibliotheken stellen Bücher zu allen gesundheitlich relevanten Themen zur Verfügung.

Wir müssen Gesundheitskompetenzen schon von Anfang an erwerben. In der Familie, im Kindergarten, in der Schule, in Ausbildungsstätten (betriebliche Gesundheitsförderung) und an den Hochschulen und Universitäten. Die gesellschaftliche Relevanz des Themas ist hoch und es ist wichtig, dass viele Menschen mit Experten- und Expertinnenwissen sich dafür einsetzen, dass unabhängig von Herkunft und Bildungsgrad, Menschen befähigt werden, sich gesundheitsförderlich zu verhalten.

Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun.

Johann Wolfgang v. Goethe

Quellen:

RKI, 2020, Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland

Schaeffer et al. (2021), Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland vor und nach der Corona Pandemie: Ergebnisse des HLS-GER 2


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